Exkursion der Physik-LKs an das Forschungs- und Technologie Zentrum für Detektorphysik Bonn
- Aktueller Elternbrief
- 04/07/25

Exkursion der Physik-LKs an das Forschungs- und Technologie Zentrum für Detektorphysik Bonn
Wir standen in einer frierenden Substanz aus Luft und Kälte vor dem Helmholz-Institut in Bonn. Dies war aber nicht unser primäres Ziel. Als ein paar Minuten nach der eigentlichen Treffzeit noch nicht alle da waren, sind wir in einer Gruppe schon mal vorgegangen durch das Gebäude, über einen Parkplatz und zu dem 2022 errichteten Forschungs- und Technologiezentrum für Detektorphysik oder auch FTD.
Was wir hier suchten an diesem brandneuen, nach frischer Anstrichfarbe und noch vor sich hin festigenden Beton riechenden Gebäude? Weil wir der Physik
Leistungskurs waren, wurde uns die LHCb Masterclass zugetraut. LHCb bedeutet Large- Hadron-Colider-beauty. Warum auch immer das beauty. Wahrscheinlich weil Physik einfach schön ist. Natürlich wurden wir lange vor der Exkursion über den Ausflug informiert und waren perfekt vorbereitet. Im Unterricht wurde uns, wie immer, erklärt, dass alles, was wir denken zu wissen und über die Teilchenwelt annehmen, eigentlich falsch ist und einem komplett anderen Modell folgt. Und dieses Modell, was unsere wahrnehmbare und verständliche Welt zu erklären versucht, ist in sich selbst so
undurchsichtig, unverständlich und komplex, dass es nicht mal die Forscher voll und ganz verstehen. „Würden wir es verstehen, würden wir nicht daran forschen“ sagte ein Referent und wandte sich schmunzelnd der Projektion von Daten des LHC in CERN zu.
Uns wurde zu Beginn das „neue“ Teilchenmodell mit den Quarks, Up-, Down-, Bottom-, Top-, Charm- und den Strange-Quarks erklärt. Die nennt man „Flavour“, also
Geschmack. Kombiniert man sie, erhält man die sogenannten Hadronen. Neutronen und Protonen sind auch solche Hadronen, bestehen aus Up- und Down-Quarks. Up- Quarks haben eine positive Ladung von +2/3 Elementarladungen. Down-Quarks eine negative Ladung von -1/3.
Somit besteht ein Proton, welches eine positive Ladung von 1 hat also aus 2 Up- und einem Down-Quark. Ein Neutron besteht aus 2 Down-Quarks und einem Up-Quark und hat somit eine gesamte Ladung von 0.
Aber das wäre ja zu einfach, wenn es nur die up, down, Charme, strange, bottom und top Quarks gäbe. Tja,… so ist es auch nicht. Die ganzen Teilchen gibt es noch in sowas wie einer Spiegelart. In Anti. Wir wissen, dass das Universum aus Materie und Antimaterie besteht. Und aus noch was, wo wir aber gar keinen Plan haben, was es ist. Wenn nun ein Stück Antimaterie mit Antimasse auf ein Stück Materie mit Masse trifft, löschen sich die Massen sozusagen aus und setzten pure Energie frei. Kann man sich darunter was vorstellen…? Nein absolut nicht. „Man muss es sich nicht vorstellen können. Die Mathematik zeigt es uns.“ Sagt der arbeitsgruppenleitende Professor.
Damit wir in dieser ganzen Diffusion von Informationen und dem Nebel an Verwirrung auch irgendwas Handfestes haben, bekommen wir kleine 3D-gedruckte Quarks. Die kann man jetzt so zusammensetzten, dass immer 3 eine Kugel ergeben. Über einen QR- Code kann man dann die Bestandteile eingeben und es wird die Bezeichnung für das Hadron ausgegeben. Nette Idee. Bisschen zu nett, denn als es weiter geht, hören die
meisten nicht mehr zu und sind noch mit den kleinen Plastikspielereien beschäftigt. Und wenn man die Plastikteile einfach ignoriert und die 4-Quarks, ja vier, da bottom und top zu schwer und instabil sind in jeglicher Position aufschreibt, komm man auch auf alle möglichen Kombinationen. Das war noch nicht alles, denn jetzt kombiniert man noch ein Antiquark mit einem Quark und erhält noch mehr Teilchen.
Ich merke gerade, dass es sich herrlich viel um Teilchen drehte.
Als wir uns dann genug mit den Kugeln beschäftigt hatten und uns die Vorgehensweise zur Analyse der CERN Daten erklärt wurde, wurden wir von einem Forschenden durch das Gebäude geführt. Hier werden ganz spezielle Chips hergestellt, und dafür benötigt man sogenannte „Cleanrooms“. Die Luft wird dann von möglichst allen Partikeln oder Staubteilchen befreit, damit die Chips so perfekt wie möglich hergestellt werden können. Diese Detektorchips sind eigentlich voll schlecht. Da gibt es schon
Computerchips, die besser performen, aber uns wurde erklärt, dass diese Chips einer immensen Strahlung ausgesetzt werden und dieser standhalten, damit die ein wenig länger leben. Nach ausreichendem Rundgang und Quarks, sind wir über den Campus zur Mensa gegangen. Und weil ganz Bonn der Campus ist, haben wir also einen kleinen Spaziergang durch Bonn gemacht. Wieder durch das wabernde Kalte und in die rettende Wärme des mit Essensgeruch durchströmte Gebäudes. Die Mensa war auch relativ neu und hatte mehrere Etagen, je nachdem, was man essen wollte. Wir konnten, weil wir Excellenzstudierende waren, uns das Essen inklusive Getränk kostenlos holen. Aber unsere einst so gut formierte und einheitliche Gruppe, die schon auf dem Hinweg
sporadisch zerfiel, verlor nun ihre essenzielle Standhaftigkeit und Verbindungsstärke, Fast kein Platz war frei und es bleib nichts anderes übrig als mehrmals „Ist hier noch frei“ zu fragen, um dann peinlich berührt und gedemütigt von einem „yes, those seats are taken“ dem Rücken zu kehren und weiter zu suchen. Während des Essens vertrieb man sich dann spaßeshalber die Zeit damit zu raten, was die Personen wohl so studieren.
Durch den nieseligen Nieselregen eilten wir nieselt zurück und kamen mit klammer Kleidung zu einer hochgefahrenen und aktivierten Nebelkammer, die Herr Wentz am
liebsten mitgenommen hätte. Legal oder illegal, komplett egal. Die Quarks bekommt er auch schon mitgegeben. Die müssen aufpassen, dass Herr Wentz nicht das ganze
Gebäude mitnimmt.
In zweier Teams haben wir echte Daten von dem Teilchenbeschleuniger LHCb bekommen und mussten diese nun mit verschiedenen Filtern so in einem
Koordinatensystem anzeigen lassen, bis uns fünf Ausschläge auffallen. Diese Fünf
„Peaks“ waren dann der Nachweis für die Urmasse der zerfallenen Teilchens. Weil die Existenz eines Teilchens, nachdem Hadronen miteinander Kollidieren, sehr gering ist und quasi nicht beobachtbar, werden große Detektoren gebaut, die die Teilchen, die bei dem Zerfall ein alle Richtungen wegfliegen, messen können. Manche werden von einem großen Magneten abgelenkt und treffen dann in einem bestimmten Winkel auf einen Detektor. Diesen Winkel kann man dann berechnen und Vorhersagen machen, woher das Teilchen kam, und wann das Teilchen wohin geflogen ist. Wenn man diese ganzen Spuren von jeglichen Teilchen zurückverfolgt, kommt man auf das Teilchen, was zuvor zerfallen war.
So richtig verstanden haben wir es alle nicht. Hat es uns aber Spaß gemacht, uns wie richtige CERN-Forschende zu fühlen? Sowas von.
Wir hatten einen Tag von unglaublicher Komplexität mit spezifischer Tiefe und interessanten Themen, die uns nicht in die Weiten des Universums, sondern in die Tiefe der Atome entführte. Kompetente Referenten sorgten dafür, dass unsere Physik-Lk´s in eine Masterclass für Detektorphysik gut aufgehoben waren und nicht komplett die
Überzeugung ihres physikalischen Wissen verloren.
Jonas Kotulla, Q2